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 Bedeutung und Sinn des Bauchtanzes

 "Der Ruf der Großmutter oder die Lehre des wilden Bauches"
von Rosina-Fawzia Al-Rawi

Um seinen Körper zu verstehen, um fähig zu sein, eigene Prognosen zu stellen, ist es wichtig zu erkennen, wie er aufgebaut ist.

Die meisten Menschen haben nur wenig Ahnung von den Funktionen ihres Körpers; Sie wissen nicht viel darüber, was in ihrem Innern, unterhalb der Haut vor sich geht. Dies ist aber der erste Annäherungsschritt. Im folgenden soll ein Schema des inneren Körpers aufzeigen, wie die verschiedenen Körperzentren mit den dafür geeigneten Tanzbewegungen in Zusammenhang stehen.

 

Die Taille bildet die Trennlinie zwischen dem oberen Teil des Körpers und dem unteren, die Wirbelsäule ist die Trägerin aller Organe. Sie wiederum balanciert auf dem Becken, das den Grundstein aller Bewegungen darstellt. um ein tiefes Gefühl für den eigenen Körper zu bekommen, ist es hilfreich, sich ein vereinfachtes Bild davon vorzustellen.

Wir können den Körper anatomisch in fünf Körperzentren beziehungsweise Körperhöhlen einteilen

Kopf

Brust

Bauch

Becken

Rücken.

Jedes Zentrum beinhaltet Organe, die es beschützt und durch die es mit den anderen Zentren verbunden ist.
Der Kopf bzw. die Schädelhohle beinhaltet das Großhirn, das Kleinhirn und die Brücke.

Die Schädelhohle ist mit dem Halsnervengeblecht verbunden, das aus den ersten vier Halswirbeln heraustritt.

Das Kopf -Pendeln und Kreisen ist für diese Region anregend.

In der Brust bzw. Brusthöhle befinden sich die Lunge, das Herz und das Rippenfell. Zur Aktivierung dieses Bereiches dienen der Schulter Shimmy und alle Brustkorb-Bewegungen, bei denen die Arme ausgebreitet werden. Die Brusthöhle enthält das Armnervengeflecht, das in engem Kontakt mit dem Herz-Lungen-Nervengeflecht steht.

 

Der Bauch bzw. die Bauchhöhle beinhaltet die Bauchspeicheldrüse, die Nieren und das Bauchfell mit dem Magen, der Leber, der Gallenblase, der Milz, dem Dick-und Dünndarm. Besonders anregend für diesen Bereich wirken die Bauchwelle und der Achter , sowie der Achter mit Doppelkreis. Die Bauchhöhle enthält das Sonnengeflecht, das die Verbindung zwischen den inneren Organen des Bauchbereiches aktiviert.

 

Im Becken bzw. der Beckenhöhle stoßen wir auf die Harnblase, die Geschlechtsdrüsen, die Sigmaschlinge des Dickdarms und den Mastdarm.

(Anatomisch gesehen gibt es keine Trennung zwischen Bauch- und Beckenbereich, aber es erleichtert die Übersicht.)

Das Becken-Pendeln und alle Formen des Kreises erwecken diese Region. Das Beckengeflecht verbindet Nerven der unteren Beckenhöhle, der Sigmaschlinge des Dickdarms, des Mastdarms, der Harnblase und der Sexualdrüsen.

 

Der Rücken bzw. die Rückenhöhle ist eine lange schlauchförmige Röhre in der Wirbelsäule und enthält das Rückenmark. Alle Kopfbewegungen, Schulter-Übungen und Becken-Bewegungen stärken den Rücken. Es gibt vier verschiedene Arten von Rückenwirbeln

Sieben Halswirbel

zwölf Brustwirbel

fünf Lendenwirbel

das Kreuzbein

also insgesamt

25 Rückenwirbel.

 

Wenn wir uns diese Einteilung vor Augen halten, können wir selbst beobachten, wie der Bauchtanz den Körper beeinflusst und die unterschiedlichen Zentren mit seinen verschiedenen Isolationsbewegungen anregt.

 

Mit der Wirbelsäule sind alle Organe durch Nervenstränge und Bindegewebe verbunden. Das Nervensystem bildet vier Hauptbereiche von Nervengeflechten. Durch sie erfolgt die physiologische Verteilung unserer Lebensenergie. Mit ihrer Hilfe reicht das Gehirn bis zu seinen Ausläufern im Rückenmark.

 

Die Wirbelsäule wird vom Becken getragen, auf dessen anderem Ende der Kopf sitzt. So kann man sich den Kopf als Kugel vorstellen, das Rückrat als Stab und das Becken als Schale, auf dem beide balanciert werden. Da alles andere im Körper mit der Wirbelsäule verbunden ist, ist das Becken der Träger des Ganzen. Jede Haltung ist also abhängig von der Flexibilität der Beckengelenke. Die Beckengelenke werden von den größten und stärksten Muskeln unseres Körpers bewegt, von den Gesäßmuskeln und dem Muskel des Oberschenkels. Die Kraft des gesamten Körpers ist also abhängig von der Kraft und Flexibilität des Unterleibes. Wenn das Becken in seinen Bewegungen blockiert ist und seine Gelenke - die Hüftgelenke und das Kreuz - sich nicht frei bewegen können, ist eine korrekte Haltung und Handlung nicht möglich. Bei einer korrekten Handlung wird die Arbeit so verteilt, dass die großen Muskeln mehr und die kleinen weniger leisten, also jeder Muskel seiner Kapazität gemäß agiert. Jede Handlung, die als anstrengend empfunden wird, bemüht die Muskeln der Körperperipherie - der Hände, der Arme, der Füße und Beine. Sie müssen dann mehr leisten, als Ihnen zusteht. Dies führt zu großer Anstrengung im Schultergürtel oder in den Beinen und durch den unregelmäßigen Fluss der Handlungen in weiterer Folge zu Verkrampfungen und Scherzen.

 

Indem wir das Becken frei bewegen, aktivieren wir die Wirbelsäule und somit alle inneren Organe. Bei jeder Art von Meditation wird darauf geachtet, die Wirbelsäule gerade zu halten, ob im Stehen, Sitzen oder Liegen. Denn die feinstoffliche Energie, die zur Bewusstseinserweiterung führt, steigt vom unteren Ende der Wirbelsäule bis hinauf zum Kopf und über den Scheitel und tritt dann nach oben hin aus. Durch die kreisenden, schwingenden, spiralförmigen Bewegungen des Bauchtanzes werden die schlummernden Energien sanft und wohldosiert angekurbelt und vom Körper aufgefangen. So erreicht man durch den Bauchtanz eine Energie- und Bewusstseinsverfeinerung, die spielerisch und wohlintegriert erweckt wird und somit keine bedrohlichen Dimensionen einnimmt, die einen aus der Bahn werfen könnten.

 

Und noch etwas bietet uns dieser Tanz: Er gibt uns die Möglichkeit, uns auf mannigfaltige Weise selbst auszudrücken und alle Archetypen, die in einer Frau schlummern und eine solche ausmachen, zu durchlaufen bzw. zu durchtanzen:

die erdige Mutter

die Kokette

die Sinnliche

die Künstlerin

die Heilerin

die Vermittlerin

 

Um diesen Tanz zu vollführen, ist es egal, ob man alt oder jung, dick oder dünn ist, den gesellschaftlichen Maßstäben entspricht oder nicht. Der Bautanz ist kein Tanz der Konkurrenz oder des Wettbewerbs; das entspricht nicht seinem Wesen. Denn dieser Tanz ist mehr als nur ein Tanz. Erst die Lebenserfahrung und Sinnlichkeit einer Frau verleihen ihm den Sinn und wahre Tiefe.

Seiner Persönlichkeit durch den Tanz Ausdruck zu verleihen, einmal alleine, einmal in Bezug zu anderen, gibt der Frau die Möglichkeit, ihr vielleicht negatives Selbstbild in einer unterstützenden und stärkenden Atmosphäre neu einzuschätzen. Die Vereinigung von Erdigkeit und Spiritualität, von Kraft und Grazie, von Intensität und innerer Ruhe, von Sinnlichkeit und Poesie ermöglicht vielen Frauen innere Befreiung.

Nimm also deinen Tanz selbst in die Hand und heile und stärke deinen Körper, so wie es viele Frauen vor dir getan haben und jetzt noch tun.

Gehe das große Abenteuer mit dir Selbst ein und erforsche dein Universum.

Von Kopf bis Fuß

Lernen kann Früchte tragen nur, wenn der ganze Mensch dabei bereit ist zu lächeln und dieses Lächeln jederzeit und unmittelbar in Lachen übergehen kann.

Moshe Feldenkrais

 

Keines der im vorigen Kapitel beschriebenen vier Zentren herrscht im Bauchtanz vor, doch alle Kraft wird aus einer Quelle geschöpft -

aus der Becken-Bauch-Region.

Die Kunst, Seelenzustände und Erfahrungen zu zeigen und zu tanzen, wird von Bewegungen und Formen getragen, die dazu dienen sollen, den Körper zu kräftigen, geschmeidig zu halten und die Tänzerin für das Leben auszurüsten.

Und noch etwas:

Wenn man Bewusstsein durch Tanz - also durch Bewegung allgemein - erlangen möchte, dann muss man langsam und behutsam vorgehen, ohne Zielstrebigkeit, ohne Leistungsdruck oder Zwang. Nur so kann man seine eigene Lerngeschwindigkeit erkennen, nur so kann man sich das Unmögliche möglich machen, leicht, bequem, angenehm und schließlich ästhetisch befriedigend.

 

Erhebe also die Arme, hafte die Füße auf die Erde und öffne den Spalt zwischen Himmel und Erde durch dein Sein.

 

 


 

 

Webmaster VELINA